Viele Kinder, wenig Platz

Bundesweit fehlen Tausende Kita-Plätze, dabei besteht für Kinder ab dem ersten Lebensjahr ein Rechtsanspruch auf Betreuung. Was Eltern wissen müssen

Seit 2013 haben Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz.

Doch bundesweit fehlen 2023 voraussichtlich 384000 dieser Plätze, so eine aktuelle BertelsmannStudie. Was Eltern bei der Suche beachten sollten und wie sie ihr Recht im Ernstfall erstreiten können, erklärt Rechtsanwältin Nicole Nickisch.

 

■ Wie sollten Eltern vorgehen, wenn sie einen Betreuungsplatz suchen? Ich empfehle ihnen, sich schon früh zu informieren, wie das Anmeldeverfahren in der eigenen Stadt oder der Gemeinde abläuft und aktiv zu werden. Das Verfahren ist überall etwas anders geregelt, oft werden die Plätze aber über Onlineportale der Jugendämter zugewiesen. Man kann natürlich auch direkt bei einzelnen Kitas nachfragen. Wichtig ist, jeden Antrag nachweisbar zu dokumentieren – online am besten per Screenshot. Das ist nötig, falls man den Rechtsanspruch am Ende professionell durchsetzen muss.

 

■ Haben Eltern Anspruch auf einen Wunschkindergarten?

Nein, und von dem Gedanken eines Wunschkindergartens sollte man sich aufgrund der angespannten Kita-Situation auch besser lösen. Eltern bzw. das zu betreuende Kind haben lediglich Anspruch auf einen zumutbaren Kita-Platz.

Als Faustregel gilt: Er sollte maximal fünf Kilometer entfernt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb von 30 Minuten erreichbar sein. Unter Umständen müssen dann auch Umwege in Kauf genommen werden, zum Beispiel bei dem Weg zur Arbeit. Auch die Betreuung durch eine Tagesmutter wäre zumutbar.

 

■ Was, wenn man einen Platz ablehnt?

Das kommt etwas auf die Begründung an, aber Eltern verlieren dann in der Regel ihren Betreuungsanspruch. Die Kommune ist ja ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen.

 

■ Welche Optionen haben Eltern, wenn sie einen „Ablehnungsbescheid“ erhalten, weil kein Platz frei ist? Dagegen können sie in den meisten Bundesländern innerhalb von vier Wochen Widerspruch einlegen. Ist das nicht möglich, oder der Widerspruch wird abgelehnt, bleibt die Klage vor dem Verwaltungsgericht. Davor sollten sie sich aber nicht scheuen.

 

■ Wie läuft das genau ab? Hier sollte man sich vorab Hilfe bei einem Anwalt suchen und je nach Bundesland entscheiden, wie man vorgeht. In einigen Ländern kann man eine sog. einstweilige Anordnung erwirken – das ist ein Beschluss vor einer tatsächlichen Klage. In anderen Ländern ist ein Klageverfahren mit Eilentscheid nötig. Auf beiden Wegen versuchen wir, den Kitaplatz zu erstreiten – in den Fällen, die ich bisher betreut habe, hat das eigentlich immer geklappt. Andernfalls könnte man theoretisch noch Anspruch auf Schadenersatz geltend machen.

         

  Rechtsanwältin Nicole Nickisch

 

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